Von der Lächerlichkeit der Dampfabzugshaube

24.07.2013 15:38 (zuletzt bearbeitet: 24.07.2013 18:28)
#1 Von der Lächerlichkeit der Dampfabzugshaube
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Hallo werter Leser,
lieber Dampfinteressierter,

ich heiße Expyronaut, bin 47 und habe im Alter von 15 Jahren angefangen, Zigaretten zu rauchen. Im Laufe meiner Raucherkarriere entdeckte ich auch den Genuss von leichten kubanischen Zigarren und das wohlschmeckende Aroma einer gepafften Pfeife. Anfang Februar 2013 bin ich von der Tabakzigarette auf die elektrische Zigarette umgestiegen. Ich habe es nicht bereut und möchte meine Erlebnisse, meine Motivation, meine Empfindungen und meine Gedanken dazu hier darstellen.


Beruflich war ich immer viel unterwegs und hatte somit die Freude, viele Länder und Kulturen kennenzulernen. Als Tabakzigarettenraucher wurde ich überall akzeptiert; viele meine Geschäftspartner rauchten selbst. Rauchen in Zügen, Flugzeugen, Konferenzräumen oder auf Messen, Restaurants, Cafés, Bars und bei privaten Einladungen war selbstverständlich und normal. Ich habe zwar ein paar Mal darüber nachgedacht aufzuhören, aber keinen wirklichen Entschluss fassen können.


Da ich regelmässig in Italien arbeitete, kam ich 2005 das erste Mal mit einem öffentlichen Rauchverbot in Kontakt:

Nachdem wir eine vorzügliche Fischplatte mit reichlich Wein genossen hatten, bot mein Gastgeber mir eine Zigarre an und bat mich ihm zu folgen. Wir traten vor die Tür des Restaurants an einen geschützten Stehtisch mit einem sauberen Aschenbecher. Die Streichhölzer des Hauses befeuerten unsere Zigarren und der Wirt beschenkte uns unaufgefordert mit einem passenden geistigen Getränk. Mehr Gäste gesellten sich zu uns und das italienische Dolce Vita ließ mich das Rauchverbot nicht mehr wahrnehmen. Es wurde schnell zu einer Selbstverständlichkeit, mit deren Akzeptanz ich keine Probleme hatte.

In 2007 nahm ich das Rauchverbot in Deutschland erstmalig war:

Gestern in Hannover musste ich das Lokal für die Zigarette danach verlassen; am nächsten Tag in Berlin durfte ich wieder im Restaurant rauchen. Eigentlich ist Deutschland gerne konsequent und reguliert, aber den Überblick zu behalten, in welchen Bundesland ich wo rauchen durfte bzw. ob ich kurzfristig dem Raucherclub des besuchten gastronomischen Betriebs beitreten musste, fiel mir extrem schwer. Inzwischen ist es normal und als Raucher habe ich des öfteren nette Kontakte mit Gleichgesinnten in ähnlichen Situationen machen können.


Mittlerweile ist das Rauchverbot ist schon länger europaweit vorhanden und ich habe mich ohne großen Aufwand damit arrangieren können. Genervt war ich nur von den ständig qualmenden und überfüllten Aschenbechern, die sich überall in der Öffentlichkeit in den Raucherzonen befinden. Die Raucherräume auf Flughäfen assoziierte ich eher mit Räucherkammern. Dicht gedrängt in einem stinkenden Aquarium zu rauchen, empfand ich nicht als Genuss, also verzichtete ich darauf möglichst. Dampfer, also Benutzer von elektronischen Zigaretten, nahm ich bewusst nirgendwo wahr.


Zuhause genoß ich - zusammen mit meiner Frau - Zigaretten, Zigarren und Pfeife. Sie ist eine Genussraucherin und beschwerte sich aber öfter zu Recht über den Rauchgestank im Haus. Auch ihre Patienten waren davon nicht begeistert und mahnten kritisch das Räucheraroma ihrer Kleidung an! Wir schloßen einen Kompromiss - wenn die Temperaturen angenehm sind, rauche ich auf unser überdachten Terrasse.

Dieser Kompromiss funktionierte bis zu dem Tag, an dem meine Frau durch eine fiese Grippe nieder lag und ich Urlaub erreichte, um sie pflegen zu können. Den Rauchgeruch, der mir anhaftete, konnte sie in diesem Zustand überhaupt nicht ertragen und da ich tagelang damit beschäftigt war, ihre Fieberschübe im Zaum zu halten, war ich darauf bedacht, ihn möglichst zu eliminieren. Aufgrund der winterlichen Temperaturen rauchte ich nur in der Küche bei geschlossen Türen und geöffneten Fenstern unter der Dunstabzugshaube und lutschte hinterher Mentholbonbons.

Abends war ich erschöpft und genervt, saß auf dem Sofa und informierte mich, damals noch unregistriert, im Dampfertreff Forum über die Vorzüge und Nachteile diverser Dampfgeräte. Das tat ich seit ich im Dezember 2012 bei meinem (Ex)Tabakhändler beim Probieren geistiger Getränke aus Schottland erstmalig mit einem Dampfer ins Gespräch kam. Er erklärte mir das Grundprinzip, die Vorteile und seine Philosophie zum Dampfen mit dem Ergebnis, daß ich neugierig wurde.
Die Sorge um meine Frau; die Lächerlichkeit meiner "Geruchsunterdrückungsmassnahme" unter der Dampfabzugshaube und der Gedanke eine 30jährige Gewohnheit spontan aufzugeben, motivierten mich am gleichen Abend zum finalen Entschluss, ein Ego-C-Einsteiger-Set inkl. Liquid im Internet zu bestellen. Der Intershop war gut gewählt und 2 Tage später lieferte DPD an.


Als ich mein erstes Dampfgerät in den Händen halte, bin ich noch skeptisch, ob sich diese Investition als richtig erweisen wird. Ich setze die Ego-C zusammen und mache einen Trocken-Test, ohne Liquid eingefüllt zu haben. Ok, die Haptik sowie das Mundstück erinnern mich an meine Pfeifen; das ist schon mal positiv. Ich befülle den Tank mit Liquid und stelle fest, dass es vernünftiger ist, den im Lieferzustand vorgeladenen Akku voll zu laden.

Ich besitze noch zwei Zigaretten und die rauche ich während ich auf die Akkuladung warte. Eine Stunde später signalisiert mir das Ladegerät: Du kannst loslegen! Also den Akku mit der Tank-Verdampfer-Einheit verschraubt - ich halte inne und versuche mich an die gelesenen Tips zu erinnern:
Du musst, während du auf den Auslöseknopf drückst, nur ganz leicht ziehen - es funktioniert anders als eine Tabakzigarette mit Filter. Überrascht nehme ich wahr, es funktioniert doch - ich rauche elektrisch und mein erstes Gefühl bestätigt meine Investition, obwohl ich immer noch nicht überzeugt bin!

Ich dampfe ein paar Minuten weiter bis mir eine Idee kommt:
Du rauchst, nein du dampfst jetzt solange nicht, bis dir dein Gehirn und Organismus sagen: Ich würde gerne rauchen und Nikotin erhalten.

Gedacht, getan.

Irgendwann später stellt sich das bekannte Verlangen ein und ich beantworte dies mit einigen Zügen der Ego-C. Ich muss mich immer noch konzentrieren, um nicht zu stark, also wie von der Tabakzigarette gewohnt, zu ziehen. Minuten später stelle ich fest - es funktioniert, das Schmachtgefühl verschwindet und meine Aufmerksamkeit gilt jetzt der Rauch- bzw. Dampfentwicklung. Ich teste und stelle einen kleinen, aber logischen Unterschied fest: Der Dampf fühlt sich nicht so trocken wie der gewohnte Rauch an. Der Geschmack ist anders, neu, ich überlege und suche nach Worten, mit denen ich meine Wahrnehmung mir selbst beschreiben könnte.



Bei meiner Informationsbeschaffung hatte ich gelesen wie man sich der benötigten Nikotinstärke für das erste Liquid nähern kann:
Anzahl der täglich inhalierten Zigaretten multipliziert mit dem Nikotingehalt aus dem Aufdruck der Zigarettenschachtel ergibt die Tagesdosis. Danach habe ich ein Liquid mit 18mg Nikotinanteil bestellt.

Der angebliche Tabak-Geschmack meines Liquids ist unnatürlich, künstlich, besitzt nicht mal eine entfernte Ähnlichkeit von mir bekannten Tabakaromen - er gefällt mir überhaupt nicht! Ich entscheide, dass ich doch keine gewohnte Assoziation zum Tabakrauchen erzeugen möchte. Vielleicht ist es schlauer, meine Synapsen neu zu verknüpfen, um zu verhindern, dass sich die alte Gewohnheit mit neuer Technik assoziiert. Am nächsten Tag besorge ich mir in der Stadt ein Vanilleliquid ohne Nikotinanteil und mische beide zusammen. Jetzt passt es: Ein sanfter Vanillegeschmack und ein leichtes Kratzen im Hals beim Inhalieren stimmen mich positiv. Ja, so stelle ich mir das Dampfen vor!


Meine Frau ist trotz ihrer angeschlagenen Gesundheit begeistert von meinem Entschluss; ich habe sie überrascht, indem ich plötzlich neben ihr los dampfte...Sie war irritiert und fragte, ob es an ihrer Grippe liegt, dass sie keinen Tabakgeruch wahrnehmen kann?

Später eröffnete sie mir, dass sie ab sofort nicht mehr rauchen wird, um mir den Umstieg zu erleichtern bzw. mir keine Provokation zu liefern, die einen Rückfall zum Tabak zur Folge habe könnte. Sie erzählt mir, dass einige ihrer Patienten Dampfer sind und sie die Idee hatte, mir zu meinem Geburtstag eine E-Zigarette zu schenken!



Bis heute sind knapp 6 Monate vergangen und meine Smartphone-App klärt mich wie folgt auf:

5 Monate, 2 Wochen und 3 Tage nicht mehr geraucht.
4176 nicht gerauchte Zigaretten und 1002€ gespart.


Wobei, das mit 1002€ stimmt so nicht, denn ich habe bis heute exakt 256€ für ein Starterset, Akkus, Verdampfer, Liquid, Basen, Aromen und weiteres Zubehör ausgeben: Macht also effektiv eine Ersparnis von 746€ - inklusive anteiliger Verweigerung von Tabaksteuer!


Rückblickend,
bin ich froh und glücklich keine Tabakprodukte mehr zu verrauchen und ich empfinde inzwischen den Geruch von Zigaretten/Zigarrenrauch als unangenehm. Den Geruch einer Pfeife mag ich nach wie vor! Aber wenn mich heute jemand frisch nach einer Zigarette anspricht, wird mir bewusst, was ich meinem Mitmenschen früher zugemutet habe.

Mein Geschmacksempfinden hat sich meiner Meinung positiv verändert:
Ich koche, backe und esse leidenschaftlich gerne. Anfangs, also ca. 2 bis 3 Wochen nach meinem Umstieg, bemerkte ich erstmalig, wie anders doch alles schmeckt und ich wurde erst unsicherer, dann sensibler im Umgang mit Gewürzen. Beim Genuß von Wein, Whiskey oder Rum entdeckte ich neue Aromen, die mir vorher nie aufgefallen waren.

Lt. Aussage meiner Familie habe ich ein vitaleres Aussehen, eine frischere Hautfarbe und meine Augenringe sind deutlich weniger geworden. Meine Kleidung so wie unser Haus riechen auch nicht mehr nach Tabaksqualm.

Beim Rennrad- bzw. Mountain Bikefahren habe ich festgestellt, dass ich mehr Puste habe und dass meine Pulsfrequenz im Ruhe- wie im Leistungsbereich gesunken ist.

Gleichzeitig mit dem Dampfen habe ich meine Ernährung verändert, da ich die Befürchtung hatte zuzunehmen. Mittlerweile habe ich 7 KG an Körpergewicht, respektive Fettanteil verloren und ich fühle mich besser als vorher. Ich schlafe besser, wache morgens erholter auf und mein Konzentrationsvermögen ist gestiegen. Sicherlich sind meine realen wie gefühlten Veränderungen nicht nur auf den Umstieg aufs Dampfen zurückzuführen. Aber ich denke, dass ich eine neue Perspektive, eine neue Lebensqualität und eine Bewusstseinsänderung erfahren habe, die, wie auf meine Nachfrage in der Familie, nicht auf eine eventuelle Midlife Crisis zurück zu führen sind.

Ich bin mir bewusst, dass ich nikotinsüchtig bin und ich kenne die medizinischen Risiken und Spätfolgen aufgrund beruflicher Erfahrung sehr gut. Ich weiß, dass der Konsum des Nervengifts Nikotin schädlich ist und deshalb ich bin ein bisschen stolz darauf, mit Hilfe des Dampfens in den vergangenen 6 Monaten meine tägliche Dosis um 8 mg oder 48% verringert zu haben.

Ich habe mich viel mit dem Thema Dampfen beschäftigt; habe medizinische Studien gelesen, viel über Chemie und Biochemie dazu gelernt, mich mit der Physik des elektrischen Stroms auseinander gesetzt. Nach meinen heutigen Kenntnisstand der Vor- und Nachteile des Dampfens, wünsche ich mir eine sachliche und nicht interessengeschwängerte Auseinandersetzung mit dem Thema Nikotinsucht und Dampfen, wie ich sie bereits in den vergangenen Monaten im In- und Ausland mit einigen Menschen hatte, die mich mit Neugier auf meine E-Zigarette ansprachen.

Das Dampfen sollte von unserer Gesellschaft, von der Politik und anderen Organisationen eine faire Chance erhalten und nicht ohne Diskurs verdammt werden. Ich denke, dass ich reif und gebildet genug bin, um mein Selbstbestimmungsrecht wahrzunehmen und zu verantworten.

Ich möchte mit einem Dank an dieses Forum schließen, da es mir den Einstieg/Umstieg erleichtert, mich vor Fehler und Fehlinvestitionen bewahrt hat, mir mit Rat und Tat weiterhin zur Seite steht und durch das die Möglichkeit entstand, bis heute einige sehr nette persönliche Kontakte aufzubauen !

Mit dampfenden Grüssen,
immer einen halbvollen Akku sowie eine Portion Liquid im Verdampfer

wünscht der Expyronaut

Selbstverständlich dampfe ich gerne und unaufhörlich. Die E-Zigarrette ist meine Fackel der Selbsterkenntnis und unter ihrem Einfluß
kann ich mich aus der Welt in eine Sphäre privater Eindrücke zurückziehen und meine Gedanken zum Himmel tragen.
In Anlehnung an Oscar Wilde

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